Längste Ungeschlagen-Serie: Bayer baut Rekord aus – „Es ist schwer zu erklären“

Dieser Artikel erschien erstmals am 14. April und wurde danach aktualisiert.

Mit dem Remis im Viertelfinal-Rückspiel der Europa League hat Bayer Leverkusen einen Rekord aufgestellt. Das 1:1 bei West Ham United bedeutete zugleich das wettbewerbsübergreifend 44. Spiel in Folge ohne Niederlage für die Werkself – seit 2000 schaffte dieses Kunststück aus den Top-Ligen Europas kein Team. Die Rheinländer ließen Juventus Turin hinter sich, das von Mai 2011 bis Mai 2012 in 43 Partien unbesiegt blieb, und bauten ihre Serie am Samstag gegen den VfB Stuttgart (2:2) auf 46 Spiele aus.

„Wenn wir es noch ein wenig länger schaffen, wäre das toll“, sagte Trainer Xabi Alonso nach dem Spiel bei West Ham. „Wenn uns in zehn Jahren jemand schlägt, dann werden wir denen gratulieren“, scherzte der Coach. „Aber momentan freuen wir uns einfach, dass wir kontinuierlich gute Ergebnisse erzielen.“ Alonso ergänzte: „Rekorde sind nichts, über das ich zu viel nachdenken will. Aber wenn man sie erreicht hat, dann versucht man sie zu schätzen, denn man weiß, dass es das Ergebnis davon ist, dass wir gute Dinge machen, und wir wollen nicht aufhören.“

„Wir sind nicht unschlagbar, aber wenn wir so weitermachen mit der Mentalität, so bodenständig täglich unsere Arbeit leisten wie bisher, ist alles möglich“, sagte auch ein angriffslustiger Granit Xhaka zuletzt angesprochen auf die weiteren Titelchancen im Europacup und im DFB-Pokal. Auch wenn der Mittelfeldstratege Bayer 04 nicht unverwundbar sieht, geschafft hat es in dieser Saison bisher noch kein Team, die Rheinländer als Verlierer vom Platz zu schicken. Sollte dies bis zum Ende so bleiben, wäre es ein Novum – zumindest in der Bundesliga.

Nah dran, der Serie ein Ende zu setzen, war am Samstag der VfB. Doch Leverkusens Amine Adli (61.) und Robert Andrich in der sechsten Minute der Nachspielzeit machten aus einem 0:2-Rückstand ein 2:2-Unentschieden. „Heute konnte ich es nicht glauben, dass wir es wieder geschafft haben. Ich habe das nicht so oft im Fußball gesehen, es ist schwer zu erklären“, meinte Alonso nach dem Abpfiff. Und Torwart Lukas Hradecky sagte: „Bei mir geben langsam die hinteren Oberschenkel nach, wenn ich so viel Sprinten muss – ich mach das aber gerne. Ich kann es auch nicht in Worte fassen. Es ist unglaublich.“

Mehr als 28 Partien in Folge blieb innerhalb einer Spielzeit im deutschen Fußball-Oberhaus noch nie ein Team unbesiegt – bis vor wenigen Wochen. Diese Serien schafften der FC Bayern 2013/14 mit Trainer Pep Guardiola und Borussia Dortmund 2011/12 unter Jürgen Klopp. Mit dem Erfolg bei Werder am 29. Spieltag stellte die Werkself auch hier einen Rekord auf und baute diesen beim BVB aus.

Ungeschlagene Meister europaweit: Von Arsenals „Invicibles“ bis Contes Juventus

Blickt man in die Fußball-Geschichte Europas, gab es bereits in anderen Liga-Saisons ungeschlagene Meister, wie beispielsweise die „Invicibles“ des FC Arsenal 2003/04 in der Premier League oder das erwähnte Juventus Turin, das 2011/12 unter Trainer Antonio Conte 23 Siege und 15 Remis in der Serie A zu Buche stehen hatte. Hinzukamen vier Siege in der Coppa Italia, in der man sich erst im Finale geschlagen geben musste – womit auch der Lauf endete. Die Serie von 43 kommt dennoch zustande, da Juve die Spielzeit zuvor mit einem Unentschieden abgeschlossen hatte.

Turin wurde damals mit nur vier Punkten Vorsprung auf die AC Milan Meister – aufgrund der zahlreichen Remis. Die Mannschaft war mit Legenden gespickt: Andrea Pirlo, Alessandro Del Piero oder auch Luca Toni gehörten zum Kader. In der Abwehr sorgten vor allem Torhüter-Ikone Gianluigi Buffon sowie die Abwehrgrößen Leonardo Bonucci, Giorgio Chiellini oder Andrea Barzagli dafür, dass am Ende der Saison nur 20 Gegentore in der Bilanz standen.

Vorn war es ein Team ohne echten Torjäger, aber das von Ballbesitz geprägte Spiel und die perfekt organisierte Mannschaft von Conte überdeckten das problemlos. Am Ende trugen sich 20 verschiedene Spieler in die Torschützenliste ein. Im Mittelfeld waren der ablösefrei verpflichtete Pirlo und Arturo Vidal, der für 12,5 Millionen Euro von Bayer Leverkusen gekommen war, die Dreh- und Angelpunkte. In den folgenden Jahren legte Turin neun Meistertitel in Folge hin – von ähnlichem träumt vielleicht auch der ein oder andere bei Leverkusen in seinen kühnsten Vorstellungen. Fest steht auf jeden Fall: Die Zeit von „Vizekusen“ ist vorbei.