02.05.2023 - 17:10 | Quelle: Transfermarkt.de | Lesedauer: unter 14 Min.
1.FC Kaiserslautern
Dirk Schuster
Trainer im TM-Interview 

Schuster über Einstieg mit Risiko beim FCK: „Situation, wie ich sie noch nie erlebt habe“

1. FC Kaiserslautern: Dirk Schuster über riskanten Einstieg & Bundesliga-Träume
©TM/IMAGO

Dirk Schuster musste spontan sein und kurzfristig liefern. Hat geklappt. Mit dem 1. FC Kaiserslautern schaffte der Trainer über den Umweg Relegation die Rückkehr in die 2. Liga nach vier Jahren Drittliga-Dasein. In dieser Saison haben die „Roten Teufel“ mit dem Abstieg überraschend gar nichts zu tun, wenngleich zuletzt ein Abwärtstrend zu verzeichnen war. Im Transfermarkt-Interview spricht Schuster über die ungewöhnlichen Umstände seines Einstiegs, seine vorläufige Saison-Bewertung, Bundesliga-Träume, die Forderung nach attraktivem Fußball beim FCK, das schwierige zweite Zweitliga-Jahr 2023/24, seine Weiterentwicklung und den richtigen Umgang mit Terrence BoydJulian Niehues & Co.


Hinweis: Das Interview wurde vor der Zweitliga-Partie des 1. FC Kaiserslautern gegen Hansa Rostock (0:1) am 30. Spieltag geführt.


Transfermarkt: Herr Schuster, hätten Ihnen jemand vor einem Jahr gesagt, dass Sie als Trainer mit dem 1. FC Kaiserslautern unter den ersten sieben Teams in der 2. Liga stehen – für wie realistisch hätten Sie dieses Szenario gehalten?


Dirk Schuster: Für relativ unrealistisch, aus rein logischer Sicht. Damals stand das Engagement in Kaiserslautern noch gar nicht zur Debatte, weil der Trainerkollege Marco Antwerpen sehr vieles richtig gemacht hatte. Die Lauterer Mannschaft spielte in der 3. Liga um den Aufstieg mit, er muss also einigermaßen gut performt haben. Ein Trainerwechsel war deshalb recht unwahrscheinlich.


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Transfermarkt: Wie lange mussten Sie wirklich überlegen, als der 1. FC Kaiserslautern bei Ihnen anfragte, um den Klub nach der plötzlichen Trainerentlassung durch die Relegation zu führen?


Schuster: Ein paar Minuten nach dem Gespräch mit Geschäftsführer Thomas Hengen stand für Sascha Franz (sein langjähriger Co-Trainer; d. Red.) und mich fest, dass wir diese Aufgabe und Herausforderung annehmen.


Transfermarkt: Was sprach für Ihre Zusage?


Schuster: Die offene und ehrliche Art der Kommunikation. Dass die beiden Schablonen aufeinandergepasst haben. Mit dem Ziel, irgendwie den Aufstieg zu realisieren und im Anschluss, wenn das geschafft sein sollte, die Mannschaft in der 2. Liga zu halten. Und wenn das nicht gelungen wäre, sollten wir mit Siebenmeilenstiefeln im nächsten Jahr mindestens wieder den Relegationsplatz erreichen, besser aber direkten Aufstieg. Das war die Marschrichtung. Es war keine Spinnerei dabei. Von Thomas Hengen wurde die Situation sehr sachlich analysiert und erklärt, wie und warum man jetzt noch mal einen Impuls setzen möchte.


Mitarbeiter
Dirk Schuster
D. Schuster Alter: 56
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Transfermarkt: Wofür Sie verantwortlich sein sollten.


Schuster: Aufgrund des Zeitfensters war es schwierig, vielleicht auch ein bisschen mit Risiko verbunden. Aber dadurch, dass ich Gegner Dynamo Dresden einen Tag zuvor in Karlsruhe (beim 2:2 am 8. Mai; d. Red.) gesehen hatte, erschien es mir machbar. Und es gab Zeit, sich auf das erste Relegationsspiel vorzubereiten, weil der FCK am Wochenende durch den Rückzug von Türkgücü München spielfrei haben sollte. Aber ja: Es war relativ ungewöhnlich und eine Situation, wie ich sie selber noch nie erlebt habe. Wenn ich irgendwo anfing, hatte ich zumindest in der Winterpause Zeit, um eine Mannschaft vorzubereiten.



Transfermarkt: Nach dem geschafften Aufstieg haben Sie sich früh von den Feierlichkeiten ferngehalten. Weil Sie es merkwürdig gefunden hätten, nach nur zwei Partien im Vordergrund zu stehen?


Schuster: Es ist der Respekt vor meinen Trainerkollegen gewesen, die den Marathonlauf mit der Mannschaft bis zu Kilometer 41 bestritten hatten. Wir sind für die letzten beiden Spiele gekommen und haben das quasi über die Ziellinie gebracht und diese sehr gute Spielzeit beendet. Es sollten andere im Vordergrund stehen, die von Anfang an dabei waren und diesen Job bis zum Ende erledigt haben und den Löwenanteil an diesem Aufstieg hatten.


Dirk Schusters Einstieg beim FCK: Trübe Stimmung, Relegation als Strafe


Transfermarkt: Welche Impulse konnten Sie dem Team für die Relegation konkret geben? Wohlwissend, dass die Mannschaft auch erstmal einen Trainerwechsel verarbeiten musste.


Schuster: Die Grundstimmung war, ich will nicht sagen ‚depressiv‘, aber relativ gedrückt, weil man zwei Spieltage vor Schluss noch auf einem direkten Aufstiegsplatz stand und nun in die Relegation musste. Und das war das Problem. Man sah das ein wenig als Strafe. Diese Denke mussten wir erst mal in den Köpfen umkehren und es als Riesenchance begreifen, die 2. Liga noch schaffen zu können. Wir konnten aus einer sehr guten eine überragende Saison machen. Diesen mentalen Impuls haben die Mannschaft und der Verein gebraucht. Dass alle zusammen in dieselbe Richtung marschieren und alles versuchen. Taktisch gesehen sind wir von der Dreierkette abgekommen und haben defensiv auf eine Viererkette gewechselt, was die Mannschaft auch voll mitgetragen hat. In einem internen Testspiel haben wir das erfolgreich probiert und Dresden simuliert. Die Spieler haben gemerkt, dass es passt und sind den Weg mitgegangen. In taktischer Hinsicht hat das für mich in der Relegation auch den Ausschlag gegeben.



Transfermarkt: Schuster und der FCK, das scheint gut zu passen. Was sind die Zutaten dafür?


Schuster: Ohne es anderen Vereinen absprechen zu wollen: Ich glaube, ganz speziell in Kaiserslautern will man die Basics und Grundtugenden des Fußballs sehen. Man ist nicht sofort böse, wenn mal ein Spiel verloren wird, sofern die Mannschaft alles gegeben und versucht hat. Ehrliche Arbeit wird anerkannt, und aus der Kurve gibt es ebenfalls immer ein sehr ehrliches und direktes Feedback. Ich denke, dass diese Betze-Mentalität beziehungsweise dieses Betze-Gen, mit dem sich die Fans identifizieren, zu unserer Arbeitsweise – mit viel Akribie, Fleiß und Willensstärke – passt.


Transfermarkt: Wie fällt Ihre Saison-Bewertung einige Spieltage vor Schluss aus?


Community Alle Themen rund um den FCK Jetzt mitreden! Schuster: Dass wir bisher eine sehr gute Saison gespielt haben, die ihren Höhepunkt in der letzten englischen Woche mit drei Siegen und neun Punkten im November fand. Wir sind mit einer Euphorie in die Saison gestartet und konnten diese Euphoriewelle weiter reiten und sehr viele Spiele mit großem Herz und großer Mentalität umbiegen, wenngleich wir auch mal den einen oder anderen Rückschlag hatten. Das ist als Aufsteiger aber ganz normal. Und dass es in der Rückrunde ein bisschen schwieriger würde, haben wir alle gewusst, weil uns die Mannschaften inzwischen anders wahrnehmen. Wir waren nicht mehr der Aufsteiger, den man einfach im Vorbeigehen schlägt. Weil wir dem einen oder anderen Gegner ein bisschen wehgetan haben, waren zudem einige Rechnungen offen. Und dieses temporäre Spielglück aus der Hinrunde, mit dem Momentum auf unserer Seite, war zuletzt nicht mehr so vorhanden.


Transfermarkt: Bis zum 19. Spieltag war der FCK sogar Vierter und nah am Spitzentrio dran. Sind Sie ein wenig enttäuscht, dass Sie dieses Niveau nicht halten konnten?


Schuster: Von den Ergebnissen her war beim einen oder anderen etwas Unzufriedenheit da. Aber Enttäuschung ist völlig fehl am Platz. Es ist ein Lernprozess, den wir durchmachen müssen. Zur Winterpause haben wir eine realistische Einschätzung vorgenommen. Wir wollten mit Bodenständigkeit und Demut die Rückrunde bestreiten, mit so vielen Punkten wie möglich. Es war von vornherein klar, dass wir nicht wie das Messer durch die Butter gehen und es mit einem Fingerschnippen einfach so weitergeht. Zum Saisonende ist es natürlich brutal, weil es für viele Mannschaften um den Aufstieg oder den Klassenerhalt geht. Da werden die Messer besonders gewetzt. Unten steht das Wasser bis zum Hals, oben will man an die Sonne. Wir sind stolz auf die Punktezahl, die wir bis jetzt erreicht haben. Wenn uns einer vor der Saison gesagt hätte, dass wir acht Spieltage vor Schluss ziemlich sicher gerettet sind, hätten viele von uns den Vogel gezeigt.



Transfermarkt: Sie sind einst mit dem SV Darmstadt 98 von der 3. in die 1. Liga durchmarschiert. Spielte das in den Gesprächen mit den FCK-Verantwortlichen irgendeine Rolle? Schließlich sind Sie bei einem Klub, der perspektivisch zurück in die Bundesliga will.


Schuster: Sie haben es selbst gesagt: perspektivisch, also irgendwann. Im Verein war keiner, der sich irgendwelchen Träumereien hingegeben hat. Niemand, der zuletzt gesagt hat: ‚Wir müssen nochmal in der Winterpause investieren und alles versuchen, weil wir in die 1. Liga wollen‘. Es wurden gemeinsam mit uns der Tabellenstand und das Spielerpotential analysiert. Die Jungs haben mit wenigen Ergänzungen zum bestehenden Drittliga-Team gezeigt, dass sie absolut zweitligatauglich sind. Wir haben oft mit derselben Mannschaft gespielt. Dass die Fans und das Umfeld ein wenig träumen, ist ganz normal, sie dürfen das. Aber der Anker, der von unserer Seite aus geworfen wurde, war völlig richtig. Wir sollten immer realitätsgetreu damit umgehen.



Transfermarkt: Gibt es denn irgendwelche Parallelen zum Darmstädter Erfolg von damals?


Schuster: Relativ wenige. Darmstadt war damals eine Mannschaft, die wir zweieinhalb Jahre zuvor übernommen hatten. Wir haben eine richtige Einheit aus ihr geformt. In Kaiserslautern hatten wir ein halbes Jahr Zeit. Die 2. Liga damals und heute, das sind zwei grundverschiedene Sachen. Damals gab es mit Ingolstadt eine Mannschaft, die ganz oben ihre eigenen Kreise gezogen hat, aber alle anderen, selbst RB Leipzig, haben geschwächelt, und sich ergebnistechnisch ihre Pausen genommen. So wurden wir mit herangespült und haben zugeschnappt. Heute machen Darmstadt, Heidenheim und Hamburg die ersten drei Plätze unter sich aus und punkten fast jedes Wochenende. Das ist schon sensationell gut, das war damals nicht der Fall.


1. FC Kaiserslauterns Dirk Schuster bewundert Union und SC Freiburg


Transfermarkt: In unserem letzten Interview, im Februar 2021, sagten Sie: „Ich bin keiner, der sich irgendwelchen Träumereien hingibt. In Deutschland sind nur 18 Erstliga-Jobs zu vergeben, und diese sind nicht nur mit deutschen Trainern hochkarätig besetzt. Klar wäre es super, noch einmal in der 1. Bundesliga zu arbeiten – aber ich weiß, dass da einiges zusammenpassen muss.“ Was müsste in Kaiserslautern dafür genau zusammenpassen?


Schuster: Ich glaube, dass saubere, fleißige und ehrliche Arbeit immer belohnt wird. Ob oder wann das für die 1. Liga reicht, weiß ich nicht, zumal immer auch ein bisschen Glück dazu gehört. Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft geworden, noch schnelllebiger, als es früher schon war. Siehe zum Beispiel jetzt wieder Julian Nagelsmann. Es gibt ganz wenige Ausnahmen, wo man auf der Trainerposition auch mal Dürre- und Schwächeperioden zusammen durchsteht. Die besten Beispiele dafür sind Christian Streich in Freiburg und Frank Schmidt in Heidenheim. Und ich bewundere das, was Union Berlin momentan macht. Wie sie gemeinsam mit dem SC Freiburg die Bundesliga aufmischen, obwohl sie finanziell nicht die größten Klubs sind.



Transfermarkt: Aber zurück zu Ihnen und der Bundesliga …


Schuster: Für mich persönlich spielt das jetzt überhaupt keine Rolle. Ich bin mit dem jetzigen Job sehr glücklich und zufrieden. Es macht einen Riesenspaß, jede zweite Woche vor 40.000 Fans unsere Arbeit zu präsentieren. Ob das nochmal in der 1. Liga sein wird, steht in den Sternen.



Transfermarkt: Manche Trainer richten sich kaum nach dem Gegner, sondern wollen stets ihr System und ihre Spielweise durchbringen. Als Paradebeispiel dürfte Hamburgs Tim Walter gelten. Andere Übungsleiter wiederum passen sich stärker dem Gegner an. Wie halten Sie es?


Schuster: Wir arbeiten gegnerorientiert und versuchen im Rahmen unserer Analyse die Stärken und Schwächen des Gegners herauszufiltern, um dem Team Lösungsvorschläge mit auf den Weg zu geben, zumal wir mit der individuellen Qualität nicht immer mithalten können. Wir müssen versuchen, über mannschaftliche Geschlossenheit und Taktik dem HSV oder anderen Mannschaften Paroli zu bieten. Mit einer großen Mentalität und viel taktischer Disziplin gelingt uns das bisher gut.



Transfermarkt: Wir haben uns nach Meinungen in der TM-Community umgesehen. „Markus_OL“ schrieb: „Für mich ist fast sicher, dass die [nächste] Saison nicht so entspannt abläuft wie diese.“ Seine Erwartungshaltung sei mehr als übertroffen worden. Wie herausfordernd wird das zweite Zweitliga-Jahr für den FCK aus Ihrer Sicht?


Schuster: Das wird bedeutend schwieriger als dieses Jahr, weil wir dann als Zweitligist mit einem großen Namen gehandelt werden. Wir sind natürlich auch in der Pflicht, zu sagen: ‚Egal wie diese Saison ausgeht, wir wollen uns im nächsten Jahr weiter verbessern.‘ Generell als Team und speziell in Bereichen wie bei der Kombinationsfähigkeit und Passqualität. Was unser tabellarisches Ziel sein wird, das werden wir noch besprechen. Natürlich gibt es das Wunschdenken seitens des Umfelds und der Fans, vielleicht ganz oben mitzuspielen, was auch nachvollziehbar ist. Wir müssen jedoch schauen, was mit unseren Mitteln realistisch ist.



Ich kann den Wunsch nach attraktivem Fußball schon verstehen. Aber Fußball ist in erster Linie ein Ergebnissport.



Transfermarkt: Es wird in der Community keineswegs alles rosarot gesehen. FCK-Fan „Newtrial“ schrieb nach dem 0:0 in Regensburg: „Mir kommt es so vor, als wolle man die Saison mit Anstand und solider Punktebilanz zu Ende spielen, dann einen Break machen und erst danach vertieft über die kommende Spielzeit nachdenken.“ Die „spielerische Weiterentwicklung“ habe weniger im Vordergrund gestanden. „jokl99“ merkte an, dass man „den Zuschauerschnitt von diesem Jahr (…) mit der Spielweise nicht ewig halten“ könne. Verständlich oder übermütig?


Schuster: In gewisser Weise nachvollziehbar, weil man sich insbesondere in Regensburg ein bisschen mehr spielerische Finesse erhofft hat – allerdings auf beiden Seiten. Bei uns ist das Passspiel in jeder Woche ein großes Thema, wir arbeiten daran, uns auch spielerisch zu entwickeln. Aber wenn die individuelle Qualität nicht so extrem hoch ist, schleicht sich unter Gegnerdruck nun mal der eine oder andere Fehler ein. Ich kann den Wunsch nach attraktivem Fußball schon verstehen. Aber Fußball ist in erster Linie ein Ergebnissport. Es bringt ja nichts, wenn man mit Hurra-Fußball startet gegen eine Mannschaft wie Regensburg, die alles aufgeboten hat, und am Ende mit einer Klatsche nach Hause fährt. Gegen Hansa hatten wir nun deutlich mehr Ballbesitz, konnten spielerisch durchaus überzeugen – sind aber als Verlierer vom Platz gegangen … Mit reinem Hurra-Fußball sind schon ganz andere Teams in der zweiten Liga gescheitert, wir sollten nicht übermütig werden.



Transfermarkt: Das wollen Sie vermeiden.


Schuster: Wir haben die Aufgabe, so viele Punkte wie möglich zu holen. Teilweise heißt es öffentlich, dass man jetzt mal Experimente machen kann. Ich glaube aber, dass es wichtig ist, wettbewerbskonform zu bleiben. Wenn wir plötzlich junge Spieler mit wenig Einsatzzeiten einbauen und vergeigen – was würde ich mir von den Trainerkollegen aus Sandhausen oder Bielefeld zurecht anhören können? ‚Seid ihr bescheuert? Ihr macht den Wettbewerb kaputt.‘ Da sollten wir vorsichtig sein. Es ist unser Anspruch, in jedem Spiel an die Leistungsgrenze zu gehen und die beste Elf zu stellen. Davon rücke ich auch nicht ab.



Schuster über Möglichkeiten der Diagnostik und Ehrlichkeit im Umgang mit Spielern


Transfermarkt: Trainer werden bekanntermaßen kategorisiert. Sie zählen, ohne Ihnen nahetreten zu wollen, zur älteren und erfahrenen Generation. In welchen Bereichen haben Sie sich im Vergleich zu früheren Stationen am meisten entwickelt?


Schuster: Wenn man diese ganzen wissenschaftlichen und sportmedizinischen Möglichkeiten sieht, die einem heute zur Verfügung stehen und an die vor rund zehn Jahren noch gar nicht zu denken war … Wir nutzen das in voller Bandbreite. Bei uns spielt die Diagnostik auch in den Trainingseinheiten eine große Rolle, wo die Spieler ihre Weste tragen und über GPS-Daten zu intensiven Läufen, Laufstrecken und Sprints genau aufgeschlüsselt werden. Es wird in Ernährungsfragen auf die Spieler eingewirkt und auf die Regeneration geachtet. Über das Blutbild können Hinweise zur körperlichen Verfassung gegeben werden. Was die Videoanalyse anbelangt: Wir machen, die Analyse nach einem Spiel mal ausgeklammert, in der Woche drei Sitzungen, was zum Beispiel früher in Darmstadt nie der Fall war. Das gab es gar nicht. (lacht) Wir haben uns als Trainer schon deutlich weiterentwickelt, nutzen viele Möglichkeiten und geben der Mannschaft sehr viel Input.



Transfermarkt: Wird es damit nicht langsam zu viel?


Schuster: Teilweise wird der Fußball ein wenig zu sehr verwissenschaftlicht. Die ganzen Daten, die heute erhältlich sind, braucht es manchmal gar nicht. Man sieht auf dem Platz, ob der Spieler viel gelaufen ist oder nicht, oder wie seine Zweikampfquote ist. Aber natürlich können Daten unterstützend dienen. Ich glaube, eine gesunde Mischung macht’s.



Was die Spieler noch von mir erwarten können: dass das Leistungsprinzip zählt. Ansonsten macht man sich unglaubwürdig. 



Transfermarkt: Wie unterschiedlich gehen Sie mit Ihren Spielern um? Einen verrückten Routinier wie Terrence Boyd werden Sie sicher anders ansprechen als den 22 Jahre alten Julian Niehues?


Schuster: Was man von mir erwarten kann, ist Ehrlichkeit. Ob die Nachricht eine positive oder negative ist. Ich würde keinen Spieler anlügen, das macht keinen Sinn. Die Spieler sollen einen authentischen Trainer haben, zu dem sie Vertrauen haben können und bei dem sie wissen, woran sie sind. Disziplin, Respekt und Authentizität spielen ebenfalls eine große Rolle. Wenn man sich die ersten vier Wochen verstellt und weiter mit dem Team arbeitet, merken die Spieler ganz schnell, ob da ein Schauspieler steht, der sie an der Nase herumführt. Wir leben gewisse Werte vor und fordern diese auch von der Mannschaft ein. Und was die Spieler noch von mir erwarten können: dass das Leistungsprinzip zählt. Ansonsten macht man sich unglaubwürdig. Die Ausnahme: Es gibt einen Härtefall mit Blick auf einen absoluten Ausnahmespieler als Gegner, bei dem es heißt: ‚Okay, du hast nur die Aufgabe, den aus dem Spiel zu nehmen.‘ Wenn dann ein paar andere Leistungsparameter darunter leiden, kann ich damit leben. (grinst)


Interview: Philipp Marquardt


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Autor
PhilippMrq
Philipp Marquardt
TM-Username: PhilippMrq

Alle Beiträge des Autors
Dirk Schuster
Vereinslos
Dirk Schuster
Geb./Alter:
29.12.1967 (56)
Nat.:  Deutschland
Akt. Verein:
Vereinslos
Aktuelle Funktion:
Trainer
1.FC Kaiserslautern
Gesamtmarktwert:
23,80 Mio. €
Wettbewerb:
2. Bundesliga
Tabellenstand:
15.
Kadergröße:
30
Letzter Transfer:
Robin Himmelmann